Loslassen
- sonjapult

- 29. Sept.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 30. Sept.
Geschrieben an einem wolkigen Tag auf Langeoog – hier gibt es nichts zu tun – außer mal nen Blogartikel zu schreiben.

Warum fällt loslassen eigentlich so schwer?
Schon vor einiger Zeit habe ich mit meinem Chef über den meist stressigen Alltag oder sogar das stressige Leben geredet. Viele, wenn nicht sogar alle von uns, kennen es. Wir ziehen durch und die allgemeine Meinung dazu lautet oft: „Da müssen wir jetzt durch“, „es ist halt so“ oder „der nächste Urlaub kommt“. Mir geht es oft nicht anders und ich frage mich: Woher kommt es, dass wir so unter Druck stehen und von unserem Leben gestresst sind? Er erwähnte eine Studie. In Deutschland haben wir im Durchschnitt den größten Anteil an freier Zeit! Trotzdem sind wir mit unserem Stresslevel ganz vorne dabei.
Oft erwähne ich in Gesprächen, dass es nicht daran liegt, dass wir keine Zeit haben, sondern sie uns nicht nehmen. Dabei erwische ich mich selbst regelmäßig bei dem Gedanken, dass ich gerne mehr Zeit hätte. Das doppelte der Stunden am Tag wäre super. Die Studie geht auch darauf ein, dass „wir Deutschen“ einfach zu viel machen:
Wir arbeiten, gehen zum Sport, kümmern uns um die Familie, sind nebenher selbstständig, machen dann noch einen weiteren Sport oder ein anderes Hobby, etwas Kreatives, weil Sport allein ja nicht reicht, dann gibt es ja noch Themen wie die persönliche Weiterentwicklung, das Einkaufen, Kochen, Wäschemachen, Schlafen und natürlich muss dann auch noch die Zeit für Self-Care, Meditation oder Yoga her – für die Balance – sonst wäre ja alles komplett im Ungleichgewicht! Kein Wunder, dass Treffen mit Freunden und Familie zum reinen Freizeitstress ausaten. Aus einer schönen Verbindung, einem wertvollen Treffen wird ein To Do, welches es abzuhaken gilt. Was für eine Ironie in sich.
Ich glaube übrigens, dass das Leben an sich, nie vor gehabt hat, stressig zu sein. Das Ding ist definitiv hausgemacht.
Wir selbst stopfen uns unser Leben voll. Kaum fällt etwas weg, kommt der Gedanke, dass wir ja diese eine Sache, die schon ewig daliegt, endlich erledigen können. Problem dabei: es hört nie auf, die Liste ist endlos.
Ich habe noch nicht rausgefunden, warum das wirklich so ist! Haben wir Angst vor der Langeweile? Könnte sein! Angst vor den Gedanken? Angst davor, dass Jemand sagen könnte: du bist faul! Am meisten sagen wir uns das allerdings selbst! Denn zumindest ich höre, wenn ich dann mal einfach nichts mache, meistens: mega, richtig gut, ein Wochenende mal chillen! Gönn dir das Nichts-Tun.
In eine Leistungsgesellschaft hineingeboren, in einer Leistungsgesellschaft aufgewachsen, von einer Leistungsgesellschaft überfordert – das sind wir! Fällt es uns deswegen so schwer loszulassen? Es fällt uns schwer Dinge loszulassen, Hobbys loszulassen, es fällt uns schwer Menschen aus unserem Leben loszulassen, Schmerz loszulassen oder auch zuzulassen, wenn es ruhig um uns herum wird, Stress loszulassen, alte Routinen loszulassen – denn oft definieren wir uns über das Festhalten an dem, was wir über Jahre gelernt und man könnte sagen antrainiert haben. Und auch mir geht es seit geraumer Zeit so, dass es mir schwer fällt Altes bewusst loszulassen, sein zu lassen und Neues in Gänze zuzulassen. Dabei hat das Loslassen so viel Gutes! Es bringt Klarheit, Ruhe, Gelassenheit und die Gewissheit, dass wir uns etwas Gutes tun. Es entsteht Raum für Neues. Manchmal sogar zu viel Raum für unseren Geschmack.
Eine anfängliche Leere wird aber vom Leben stets gefüllt – und das dann meist ohne Stressfaktor – wie gesagt, dass Leben hat keinen Stress geplant. Wer jetzt denkt: ich will aber diese Leere, mir ist alles zu viel: Es ist Zeit auszusortieren! Loszulassen! Oder auch mal tiefer zu schauen, wie sehr du dich selbst über Stress definierst?
Was hättest du zu erzählen, wenn du dein Leben mal nicht gestresst gestaltest und wahrnimmst?

Es liegt in deiner und ja, auch in meiner Hand! Noch fällt es mir schwer aber ein Anfang ist gemacht: Ich lasse heute meinen Blog los. Weiteres darf dann folgen, denn auch mein Leben ist grad voll – zu voll für meinen Geschmack. Es wird meine Aufgabe sein, mein Leben neu zu sortieren. Schlussendlich immer mit dem Gedanken: Worauf möchte ich später zurückblicken? Was soll bleiben? Mir wird immer klarer: ich möchte echte, wertvolle Verbindungen, möchte Zeit mit meinen Liebsten – und diese Zeit gilt es sich zu nehmen – nicht zu haben!
Jetzt ist Zeit – Zeit zum loslassen – Zeit zum Ausrichten – Zeit für Liebe und Verbundenheit! Zeit - Ich habe Zeit!
Mit einem Lächeln im Gesicht und einem komischen Gefühl schließe ich diesen Blog, wissend, dass da Neues wartet und lasse den Anspruch los, regelmäßg schreiben zu müssen; hat allerdings hier auf Langeoog echt viel Spaß gemacht "damn" ;) – danke für eine tolle Zeit in der ich für mich selbst viele Erkenntnisse hatte, in der ich auch andere inspirieren konnte, Gedanken teilen und selbst verarbeiten konnte.
!! DANKE !!
Den Artikel widme ich meinem Bonus-Vater, ohne den ich nicht so wäre, wie ich heute bin. Er hat mir gezeigt, dass egal wie alt wir sind, wir immer neugierig bleiben können und wir somit echt viel Zeit in diesem Leben haben! Die letzte Zeit mit dir, lieber Pa-Ma, möchte ich nicht missen und bin sehr dankbar dafür! Ich bin froh, dass wir dir das Loslassen etwas leichter machen konnten. Es war es ok dich loszulassen, es war an der Zeit – denn: jedes Ende bedeutet auch Anfang – und jeder Anfang hat einen Zauber inne.








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