(K)ein Plan
- sonjapult

- 7. Sept. 2020
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 27. Jan. 2021
Und was machst du dann da die ganze Zeit? Was plant man da, wenn da nicht viel ist?
„Ja nichts, das Einzige was ich plane ist aufzustehen.“ Das ist meine Antwort auf die Frage was ich eine Woche auf Langeoog so tue und das auch noch allein. Auf einer Insel ohne Autos, ohne High-Speed-Life, ohne Zivilisation – na, ganz so ist es dann doch nicht. Mein einziger Plan soll sein, das zu tun, wonach mir ist, den ganzen Tag, eine Woche lang.

Der Anreisetag: Erst die Autofahrt, dann die Fähre – schon mal Entschleunigung pur – ging aber dieses Mal doch ganz schön schnell die Überfahrt. Vielleicht weil ich innerlich noch auf Vollgas von der Autobahn und von den vorangegangenen Wochen im Job war. Nachdem ich meine Ferienwohnung bezogen habe muss ich erstmal mit meiner besten Freundin telefonieren, mich irgendwie mitteilen. Auch wenn ich weiß, dass ich allein reisen kann – ja können, manche sagen, sie können das nicht – probiert das dringend mal aus, KANN ich jedem nur empfehlen - ging es mir auch letztes Jahr auch so, dass ich kurz kommunizieren wollte. Zumindest mal erzählen wie die Wohnung so ist und dass ich gut angekommen bin. Dann noch einkaufen für die Woche und den ersten Strandspaziergang absolvieren. Easy – alles done – der Urlaub kann kommen.
Alles done? Das klingt dann doch eher wieder nach einer To-Do-Liste und so gar nicht nach „eine Woche einfach das tun wonach ich Lust habe.“ Aber lest selber wie dann mein erster Urlaubstag am Montag war.
Und dann bin ich da. Am nächsten Morgen. Um ca. 08:30 Uhr liege ich wach in dem Boxspringbett der Ferienwohnung. Warum das Boxspringbett so erwähnenswert ist? Normalerweise wacht man an der Nordsee eher in 70er Jahre Betten auf und kann froh sein, wenn die Matratze nicht aus demselben Zeitalter stammt. Mit der Ferienwohnung habe ich mir richtig was gegönnt. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht als ich das erste Pferdegetrappel einer Kutsche höre – ich bin auf Langeoog. Ansonsten fühlt es sich aber noch nicht so an. Irgendwie bin ich lost. Lost in meinen Gedanken und in einem Gefühl, was so gar nicht zu dem üblichen „geil ich bin auf Langeoog, die Welt kann mich mal“-Gefühl passen will. Was ich denke? Jetzt schlagen sich die letzen Wochen nieder: ja was mache ich denn die ganze Zeit? Was könnte ich denn machen? Auch die nächsten Tage vor allem? Denn heute habe ich zumindest schon mal einen Tagespunkt. Ich habe eine Coaching-Session, die von Pferden unterstützt wird. Aber danach? Was mache ich denn danach? Ich schwinge mich erstmal aus dem Bett, gehe Brötchen holen und merke auch beim Frühstück, dass ich noch nicht so wirklich angekommen bin. Dann geht es zum Coaching. Ja, ich bin aufgeregt. Obwohl ich mich schon viel mit mir und meinen Mustern beschäftigt habe, bin ich angespannt. Ungefähr 2 Stunden später, gehe ich beseelt, glücklich und beschwingt wieder Richtung Ferienwohnung. Nicht, dass sich die Welt während der Zeit komplett geändert hat aber das Coaching ist der Auslöser für diesen Artikel. Nun hat nicht jeder für einen perfekten ersten Urlaubstag ein Coaching gebucht – das muss auch nicht sein – aber das, was ich sagen will ist, dass es manchmal nur einen Anstoß braucht und dann läuft es wieder. Im Besten Fall schafft man den Anstoß allein aber auch bei aller `Machermentalität` die ich an den Tag lege, fällt es auch mir manchmal schwer. Was genau im Coaching passiert ist und welche neue Erkenntnis ich gewonnen habe, könnt ihr im einem der Februarartikel lesen. Da hatte ich also meinen ersten Tagespunkt abgehakt, meinen Plan, doch einen Plan. Und nun? Nachdem ich erstmal ein Butterbrot in der, mittlerweile doch für recht unpersönlich bewerteten „Luxus“-Ferienwohnung, gegessen habe war klar: kurz umziehen und erstmal einen Kaffee bei Horst in der Kaffeerösterei. Übrigens eins der Dinge, die ich ebenfalls immer einplane – Kaffee bei Horst. Nachdem der Spaziergang gestern Abend relativ kurz ausgefallen ist, soll es heute mehr Zeit am Strand geben. Die Kamera meiner besten Freundin im Gepäck gehe ich daher. Immer noch beschwingt vom Coaching aber auch ein wenig nachdenklich und „kopfkaputt“- das merkt man meist erst eine kleine Weile nach solchen Erlebnissen. Und irgendwie bin ich immer noch nicht ganz da – so ganz im Hinterkopf.

Und dann sitze ich in einem Strandkorb – sitze einfach da – trage im Kopf den Gedanken an das ‚Hier und Jetzt‘ mit aber wie die Worte schon sagen: im Kopf und nicht im Herz. Sitze da und denke doch wieder: und nun? Was machst`n? Vor allem die nächsten Tage? Nachdem ich kurz eingeschlummert bin und den Strandkorb mit Sicht zum Wasser gegen einen Strandkorb mit Sonnenblick getauscht habe, kommt der Gedanke wieder und wieder. Und dann macht sich doch langsam ein anderer Gedanke breit. Ein Gedanke und ein Gefühl, das einfach kommt.
Durchatmen Sonja, nicht nur an das ‚Hier und Jetzt‘ denken sondern im ‚Hier und Jetzt‘ sein!
Eine kleine, winzige Ablenkung kommt mir entgegen in meinem Gedankenstrudel. Ich helfe einer netten Frau ihren Strandkorb zu verschieben. Da war er wieder. Ein kleiner zündender Moment. Schade, dass ich das lange Zerdenken noch nicht ganz von allein abschalten kann. Übrigens ein Ergebnis aus dem Coaching des Morgens: ich möchte in Zukunft weniger grübeln – mehr ‚einfach machen‘– grade klappt das auch ganz gut in dem ich den Artikel schreibe. Losgelöst durch den Kontakt zu Menschen höre ich also in mich hinein, sitze noch ein paar Minuten im Strandkorb und höre mich denken: Einfach step by step – einfach nur entscheiden, was du als nächstes machen möchtest. Und das war in dem Fall die Entscheidung was ich essen möchte. Kartoffeln, Kräuterquark und Lachs soll es sein. Und während ich, endlich mehr im ‚Hier und Jetzt‘ angekommen, vom Strand Richtung Dörfchen schlendere, kommt der Appetit. Dann komme ich am Restaurant „Alte Post“ vorbei und einfach so, ohne dass ich groß darüber nachdenke, entscheide ich mich um. Es ist schon eine Weile her, dass ich allein essen gegangen bin aber umso schöner empfinde ich das Gefühl, es einfach mal wieder zu tun. Einfach machen! Es bewahrheitet sich immer und immer wieder. Fazit: mein Fischteller mit Salzkartoffeln und das Alster waren der Hammer. Während der ganzen Zeit schmunzle ich fröhlich vor mich her. Drauf geschissen, was die anderen denken. Wenn du glücklich bist, informiere dein Gesicht darüber. Sehr wirksam muss ich sagen. Nach meinem Abendschmaus ist für mich klar, wie der Abend weitergeht. Und weniger, weil es einem Plan folgt, sondern weil ich ja auch gerade schon meinen Plan selbst zu kochen über den Haufen geschmissen habe – für das, was ich selber in dem Moment möchte. Ich gehe kurz nach Hause, ziehe mir meinen warmen Isländer-Pullover von der Reise letztes Jahr an und gehe wieder los.

Und endlich bin ich da, angekommen, mache meinen Turn wie ich es möchte, kaufe mir die erste Kugel Schokoladeneis und gehe nochmal zum Strand, die Kamera im Gepäck. Und im Gegensatz zum Nachmittag nutze ich sie nun auch endlich. Die Ergebnisse seht ihr selbst in der Galerie. Und da ist es: das Gefühl im Selbst zu sein, mir zu folgen und nicht einem, wenn auch eigens erstellten Plan.
Plötzlich ist kein Plan mehr da. Auch nicht für die nächsten Tage. Weiß ich denn, wie es mir morgen geht? Wie das Wetter morgen ist und worauf ich morgen Lust habe? Nein! Viel mehr im ‚Hier und Jetzt‘ zu sein und zu entscheiden wie ich mit der sich darstellenden Situation sein möchte ist nicht nur für den Urlaub ratsam.
Während ich in der Dunkelheit den heutigen letzten Gang zur Ferienwohnung mache, kommt mir der Gedanke: was für ein perfekter erster Tag auf Langeoog und die Idee, das Ganze in einem Artikel festzuhalten und vor allem nicht damit zu warten bis die Erinnerungen an diesen Tag wieder verblasst sind. Auch in der Ferienwohnung bin ich jetzt wohl angekommen und freue mich auf das nächste Pferdegetrappel der Kutschen morgen früh – keinen Plan wann.






















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